Samstag, 21. Januar 2017

Kostbare Verletzlichkeit

Als ich im November die ersten Bewegungen meines Babys zu spüren begann, brachte mir das eine neue, ungekannte Verletzlichkeit.
Verletzlichkeit nicht in einem negativen Sinne. Vielleicht war es einfach die Verletzlichkeit des Unfertigen, die mit allen großen und besonderen Veränderungen einher geht. Oder auch die Verletzlichkeit des Besonderen.
Und besonders ist das schon... Die Bewegungen meines Babys, dieses neuen, kleinen Menschen, nehme ich wahr als eine Empfindung meines Körpers. "Baby bewegt sich" ist genauso eine körperliche Wahrnehmung von mir wie "mein Magen grummelt" (und am Anfang ist das auch nicht immer so leicht auseinander zu halten ;-)) oder "mein Herz schlägt schnell". Und trotzdem ist dieses Kind, wenn auch momentan noch ein Teil meines Körpers, schon ein eigenes kleines Wesen und hat auch schon eigenen kleinen Körper. Die Ultraschalltermine verraten mir, dass es auch schon ziemlich menschlich aussieht, nur in Miniatur.
Aber noch weiß ich nicht, was für eine Seele mich aus den Augen meines Babys an seinem Geburtstag anblicken wird, wenn unsere körperliche Einheit endet. Vielleicht ist das das Verrückte und Besondere an dieser Zeit: körperlich werde ich meinem Kind nie wieder näher sein als jetzt, eine größere Nähe als unsere körperliche Symbiose jetzt während der Schwangerschaft gibt es nicht und dennoch sind wir uns andererseits noch ganz schön unbekannt, die federleichten Tritte und abendlichen Umdrehungen des Babys sind unsere erste Kontaktaufnahme, eine zaghafte Begegnung vor der Begegnung.
Mit dieser besonderen und wunderschönen Verletzlichkeit einher ging dann schnell das Bedürfnis, die Türen zur Außenwelt mal öfter geschlossen zu lassen. Es passiert hinter diesen geschlossenen Türen, dass ich unbeobachtet, still und für mich allmählich zur Mutter werde. In diesen kleinen privaten Momenten, in denen ich dem Baby nachspüren kann, den stillen Gedanken in mir, die seine ersten Turnübungen begleiten.
Nicht in den Gesprächen über meine Schwangerschaft und das Baby, nicht, wenn ich mit meiner Patin eine Wickelauflage kaufen gehe, mich entscheide, wo ich mein Kind zur Welt bringen will, werde ich plötzlich zur Mutter. Das alles gehört sicher zu meinen neuen Aufgaben und ist Teil der Mutterrolle, aber zuallererst und ursprünglich bin ich Mutter in der Beziehung zu meinem Kind.
Und diese Beziehung wächst und entsteht in der Stille dieser Momente, die einfach uns alleine gehören, in der ich geschützt und ungestört genug bin, um das Besondere dieser Zeit, all die winzigen Veränderungen, diese neue Verletzlichkeit in ihrer Tiefe zu erfahren. 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen